Was ist rot und rennt?
Während der Konkurrent Marvel längst und uneinholbar die Leinwand erobert hat, schafft es der amerikanische Comic-Verlag DC, seinen Vorsprung im Fernsehen auszubauen. Nachdem “Arrow” bei Fans und Kritikern gepunktet und auch in Sachen Einschaltquoten bislang die Serien des Mitbewerbers (“Agents Of S.H.I.E.L.D.”, “Agent Carter”) hinter sich gelassen hat, setzen die Produzenten auf Supergeschwindigkeit, um ins Ziel zu kommen. Und tatsächlich: Auch das “Arrow”-Sequel “The Flash” startet durch. Aber was erwartet die Zuschauer, wenn sie die Abenteuer des schnellsten Comichelden der Welt einschalten, die bei uns auf ProSieben zu sehen sind?
“Arrow”-Fans kennen bereits den eher schmächtigen Forensiker Barry Allen (Grant Gustin), der für die Polizei in Central City arbeitet. Sein Leben wird bestimmt von der Suche nach dem Mörder seiner Mutter, denn an die Schuld seines Vaters (John Wesley-Shipp, übrigens der “Flash” in der 90er-Jahre-Verfilmung), der für die Tat im Gefängnis sitzt, glaubt Barry nicht. Unterstützt wird er von seinem Mentor, Detective Joes West (Jesse L. Martin). Dachte der leicht verpeilte Nerd bereits, er habe genug Probleme, stellt ein Unfall im Labor seine Welt endgültig auf den Kopf: Er wird von einem Blitz getroffen, und als er wieder zu sich kommt, stellt er fest, dass er sich mit unglaublichem Tempo bewegen kann. Inspiriert durch seinen Freund Oliver Queen (Stephen Amell) alias Arrow wird aus der einstigen Laborratte der Verbrecherjäger Flash, der im Kampf gegen die Unterwelt kein Halten kennt.
Die Entstehungsgeschichte des laufstarken Burschen im roten Kostüm orientiert sich also weitgehend an der Comic-Vorlage. Ob sich das im Verlauf der Serie durchhalten lässt, wird abzuwarten sein – immerhin ist der “Rote Blitz” (wie er in unseren Breitengraden einst genannt wurde) dafür bekannt, die albernsten Gegner aller Zeiten zu haben, darunter Gestalten wie Gorilla Grodd oder der Pied Piper. Ohnehin hat DC grundsätzlich mit dem Problem zu kämpfen, dass ihre Comicfiguren letztlich Leute in bunten Strumpfhosen sind und weit weniger mit realem Geschehen zu tun haben als die deutlich geerdeteren Helden des Konkurrenzverlags. Oder anders: Während für Marvel demnächst der blinde “Daredevil” mit roher Gewalt in New York für Recht und Ordnung sorgt, prügeln sich für DC ein grüner und ein roter Kerl durch fiktive Großstädte.
Dem Fernsehpublikum scheint’s zu gefallen – und der Erfolg sei den Produzenten gegönnt. Im Kino haben sie dem Mitbewerber ohnehin nichts entgegenzusetzen: Marvel könnte inzwischen ein Telefonbuch verfilmen und würde damit einen Blockbuster landen. Zudem macht DC nach wie vor etwas falsch, was die Gegenseite richtig macht: Während die Marvel-Fernsehreihen im gleichen Universum wie die Kinofilme spielen, haben die Macher hinter “The Flash” bereits angekündigt, dass ihre Abenteuer auf dem Bildschirm keinen Bezug zu denen auf der Leinwand haben werden. Wenn also (Green) Arrow und der schnellste Mann der Welt irgendwann in der lang erwarteten Justice-League-Verfilmung zu sehen sind, werden sie nicht von Amell und Gustin gespielt, und ihre Geschichten werden völlig neu erzählt.
Der Fangemeinde kann es fast egal sein: Auf diese Weise teilen sich die beiden Comic-Riesen die Fernseh- und die Kinolandschaft brüderlich auf. Und wir müssen uns allenfalls überlegen, wann wir das alles gucken sollen. Vielleicht im schnellen Vorlauf – mit Supergeschwindigkeit?
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