Und der Tee ist koffeinfrei: “Picard” geht auf Spurensuche
Er findet keinen Frieden: 20 Jahre nach den Ereignissen von “Star Trek: Nemesis” und 15 Jahre nach dem Ende seiner Sternenflottenlaufbahn ist Admiral a.D. Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) ein wackerer Greis im Unruhestand. Seine Tage sind eher eintönig und geprägt vom beschaulichen Leben auf seinem Weingut, an seiner Seite Hund “Number One” und ein romulanisches Haushälterpärchen. Die Nächte gehören den Erinnerungen, den Träumen von Abenteuern im All, in denen vor allem Picards alter Kamerad Data (Brent Spiner) eine Rolle spielt. Irgendwann steht jedoch Dahj (Isa Briones) vor ihm und erklärt, es gebe eine Verbindung zwischen ihr und dem gealterten Enterprise-Captain. Dieser hat daran keinen Zweifel, hat er die junge Frau doch bereits gesehen – auf einem Gemälde, das Data gemalt hat, in seinen Träumen, aber auch im wahren Leben. Das Werk trägt den Titel “Daughter”. Und schon bald wird der alte Recke in ein Mysterium gezogen, von dem er selbst ein wichtiger Teil ist. Picard macht sich auf die Suche nach weiteren Hinweisen, die ihn zurück in eine Vergangenheit führen, die er lieber vergessen würde.
Wow. Nichts an der siebten Realfilm-Star-Trek-Serie ist wie erwartet. Statt eine Reise durchs All zu zeigen (dorthin, wo noch nie… Ihr wisst schon), setzt sie die Geschichte um einen der beliebtesten Charakter des Franchises fort. Die Titelfigur von “Picard” ist natürlich kein Actionheld: Stewart hat es nicht nötig, sich albern doublen oder mittels CGI verjüngen zu lassen – wir sehen den in Ehren ergrauten, von jahrzehntelanger Erfahrung geprägten Ausnahmeschauspieler in der Rolle, die ihn bekannt gemacht hat. Mehr braucht es nicht, um jede einzelne Szene der ersten Folge zu veredeln, denn der Mann hat noch immer eine Präsenz, die den Fernsehschirm sprengt. Natürlich wird der Hund gekrault, sicher fällt das Treppensteigen schwer, und der berühmte “Earl Grey, heiß” ist mittlerweile koffeinfrei. Aber Picard steht aufrecht, setzt sich noch immer für andere ein, geht seinen Weg, den er als rüstiger Rentner viel zu lange aus dem Blick verloren hatte. Das erinnert natürlich daran, wie die alte “Star Wars”-Garde die Fortsetzung der anderen großen SciFi-Saga mit Atmosphäre gefüllt hat. Die ollen Knaben und Mädchen können’s einfach und tragen jede Falte und Narbe mit respektabler Würde.
Auf der anderen Seite punktet die Story der neuen Serie mit einer cleveren Mischung aus Mysterium und Abenteuer. Manches mag an “Blade Runner” erinnern, es werden einige lose Fäden aufgenommen, aber grundsätzlich ist gerade die Besinnung auf eine interessante Geschichte das Besondere, das neugierig auf die kommenden Folgen macht. Denn altbacken wird hier gar nichts, die Optik weiß natürlich zu beeindrucken, anders als bei “Star Trek: Discovery” geht es weiter in die Zukunft. Ab ins Morgen mit einem Faible für das Gestern – so darf es gerne weitergehen. Falls jemand irgendwann vergessen haben sollte, was Star Trek ist: DAS ist Star Trek.