Oder bei Obi-Wan: Kenobis Alleingang lässt Boba vergessen
Zehn Jahre nach der Machtergreifung des Imperiums sind die Jedi Geschichte. Verteilt über das Universum und versteckt vor den Häschern des faschistoiden Systems, agieren die letzten Überlebenden des Ordens im Schatten. Sie helfen, wann immer sie können, verzichten aber weitgehend darauf, die Macht einzusetzen, um ihre Jäger nicht auf sie aufmerksam zu machen. Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) lebt als Einsiedler Ben auf dem Wüstenplaneten Tatooine und wacht aus der Ferne über Luke (Grant Feely). Als ihn ein Hilferuf erreicht, muss er dessen Schwester Leia (Vivien Lyra Blair) retten, wird allerdings rasch selbst zur Zielscheibe. Nicht nur der Großinquisitor (Rupert Friend) ist ihm auf den Fersen, sondern auch die unerbittliche Dritte Schwester (Moses Ingram) und ihr eigentlicher Auftraggeber – ein früherer guter Freund von Obi-Wan…
Alle Achtung – nach dem Stinker “The Book of Boba Fett” war nicht zwingend zu erwarten, dass sich Disneys Serienambitionen in Sachen Star Wars wieder auf dem Qualitätslevel von “The Mandalorian” einpendeln würden. Zumal Kenobis Alleingang mit reichlich Ballast an den Start ging: Wie alle Prequels hat die Serie das grundsätzliche Problem, auf ein Ziel zuzusteuern, das die Fans schon lange kennen. Die Ereignisse müssen letztlich an Episode IV andocken, also ist gesetzt, dass der Protagonist sämtliche Gefahren unbeschadet übersteht. Zudem ertappt man sich immer wieder dabei, nach möglichen Logiklöchern zu suchen, was die fiktive Historie angeht. Das andere große Science-Fiction-Franchise hat uns diesbezüglich sensibel gemacht. Und außerdem: Schon wieder Tatooine? Was ist an dieser beigefarbenen Ödnis so spannend, dass uns sämtliche Ereignisse des Sternenkrieges immer wieder dorthin führen?
Dreimal Entwarnung: Der Kanon bleibt heil, die ersten beiden Folgen sind spannend und spielen auch nicht ausschließlich zwischen Dünen und Jawa-Fußstapfen. Wie immer ohne Spoiler und kurz nach dem Start durchaus vorsichtig: Das hier kann sich sehen lassen. Die Produktion ist sehr wertig, praktisch auf Kino-Niveau. Alles sieht nach “Star Wars” aus, hört sich auch so an – und vor allem fühlt es sich so an. Wie erwartet spielt McGregor gewohnt souverän (und ist im richtigen Alter), aber auch beispielsweise Vivien Lyra Blair stellt überzeugend die kleine Leia dar. Es gibt reichlich Action, ohne die Atmosphäre zu vernachlässigen: Es herrscht Krieg zwischen den Sternen, die Stimmung ist gedrückt und gleichzeitig geprägt von jenem Überlebenswillen, der es möglich macht, dass aus den ersten Ansätzen des Widerstands später die Rebellion wird.
Wir erleben die Geschichte eines alternden Kriegers, für den Loyalität über alles geht. Und der konfrontiert wird mit den Geistern der Vergangenheit, neuen Gegnern und der Chance auf eine bessere Zukunft. Unterwegs freuen wir uns über Gastauftritte von Flea, Temuera Morrison oder Kumail Nanjiani oder darüber, dass Joel Edgerton, Bonnie Piesse und Jimmy Smits ihre alten Rollen erneut verkörpern. Wir sind begeistert von den unterschiedlichen Welten, auf die uns diese Hetzjagd führt. Und wir fiebern mit sympathischen Helden in ihrem Kampf gegen die dunkle Seite.
Fast schade, dass es nur noch vier Folgen gibt. Aber wir wissen ja, wie die Geschichte weitergeht.