Durch Himmel, Hölle und das Königreich mit “Sherlock”
Es war wie mit jeder “Staffel” – besser: mit jedem Schwung neuer Filme. Die Vorfreude auf neue “Sherlock”-Abenteuer war groß, der Argwohn jedoch ebenfalls. So ganz hatten Steven Moffat und Co. es zuletzt ja nicht hinbekommen, den Geist der ersten beiden Seasons (bleiben wir einfach dabei) einzufangen. Diese ganz besondere Atmosphäre, die aus der Reihe einfach mehr macht als eine Fernsehserie. Die dafür sorgt, dass “Sherlock” über allem anderen schwebt, in eigenen Sphären, mit ordentlich Abstand nach unten.
“Die Braut des Grauens” sorgte unter Fans eher für stummes Stirnrunzeln als lauten Beifall. Zu sehr verzettelten sich die Produzenten des BBC-Erfolgs zwischen dem überbordenden Willen zur Innovation und der Begeisterung für das eigene Schaffen. Zu häufig hatten wir ihnen erzählt, wie toll sie sind. Nun wissen sie es, und das hatte Konsequenzen. Nicht nur gute.
“The Six Thatchers”, der Auftakt zum vierten Reigen, ließ mich denn auch verstört zurück. Mit einer einzigen Episode hatten die Autoren praktisch alles zerstört, was “Sherlock” für mich ausmachte. Sie drehten ihr Serienuniversum auf links, brachen mit Bekanntem und Geliebtem, verloren den Fokus und zerbröselten die Charaktere. Einzig das Ende versöhnte mich ein wenig. Emotional war es, durchaus packend, und Martin Freeman lieferte die beste Leistung seiner Karriere ab. Trotzdem saß ich erschüttert vor dem Abspann. Und das war mein Glück, denn den sollte man sich unbedingt bis zum Schluss ansehen.
Teil zwei des Dramas trug den Titel “The Lying Detective”, und es fällt schwer, auch hier nicht auf den Inhalt einzugehen. Machen wir es daher kurz und kryptisch: Manche Taschenspielertricks funktionieren nur deshalb, weil sie mit der Erwartung ihres Publikums spielen. Man kann Erwartungen enttäuschen – um das Folgende noch strahlender erscheinen zu lassen. Die Jungfrau wurde gar nicht wirklich zersägt, liebe Leute. Der geht’s gut. (Und vermutlich ist sie auch keine Jungfrau.) “Sherlock” hatte mich wieder, dem Drehbuch und Benedict Cumberbatch sei Dank.
Und er behielt mich auch mit der letzten Episode “The Final Problem”. Wirklich schwer, ohne Spoiler auszudrücken, was der Abschluss dieses vierten Serienblocks mit seinen Zuschauern macht… Ich jedenfalls erlebte ein Wechselbad der Gefühle, ausgelöst von Vollprofis, die genau wissen, was sie tun. Ich habe gelacht und gestarrt und den Kopf geschüttelt, und manchmal hat auch irgendjemand Zwiebeln gehackt. Es ist beinahe nicht zu fassen, wie unverschämt gut eine Fernsehserie sein kann, welche Emotionen sie auszulösen vermag. Ich habe wirklich schon eine Menge gesehen und ganz sicher auch viel Gutes. Aber diese dritte Episode erinnerte nicht nur an die glorreichen ersten beiden Staffeln, sie übertraf sie sogar. Und sämtliche Erwartungen noch dazu. Es ist eine ausgelutschte Phrase, doch noch nie stimmte sie so wie in diesem Fall: “Sherlock” spielt in seiner eigenen Liga. Es mag euphorisch klingen, aber ich lege mich fest: Besser geht es nicht.
Kommen wir nun zu meinem persönlichen Twist: Ich möchte nicht, dass es weitere Folgen gibt. Aus zwei Gründen: Erstens kann es von hier aus praktisch nur noch bergab gehen. Und zweitens… das müsst Ihr selbst sehen. Es lohnt sich. Versprochen.