Auf Reisen mit der Voyager

Auf Reisen mit der Voyager

Es gibt Serien, die lassen einen nie so ganz los. Oder sie holen einen nach einer Weile wieder ein. Meistens sind es die, die sich in der Jugend mal einen Platz ganz oben in der eigenen Hitliste erobert hatten. Dann gibt es Serien, die mochte man, hätte sie aber nie ganz weit oben einsortiert, weil irgendwas fehlte – vielleicht der Zugang dazu, vielleicht tatsächlich ein gutes Storytelling dahinter.
Zu diesen Serien gehörte bei mir Star Trek: Voyager. Es war die große Star-Trek-Zeit, als Voyager begann. The Next Generation lief gerade aus, Deep Space Nine war mittendrin und Paramount schickte die dritte Serie ins Rennen. Freitagabend, Sat.1, 20.15 Uhr – so startete Voyager in Deutschland. Der erste Eindruck: ein wahnsinnig imposanter Vorspann, endlich mal was anderes, als ein aus allen Positionen, Winkeln und Kurven über die Mattscheibe fliegendes Raumschiff, großartige Musik – und eine etwas spröde Crew. Dieser Eindruck verfestigte sich im Laufe der Zeit leider. Woran das lag, blieb lange im Verborgenen, die Antwort schickte das Internet viel später. Der Eindruck, dass Charaktere nicht vertieft, Beziehungen nicht beleuchtet und langweilige Missionen absolviert wurden, blieb. So stark, dass nach knapp vier Staffeln auch für den Hard-Core-Trekkie Schluss war.
Es musste 2014 werden, 13 Jahre nach Serienende, ehe die Voyager sich auf einmal wieder ins Bewusstsein hievte. Tele5 wiederholt die komplette Reise des Raumschiffs hartnäckig am Vorabend, direkt gefolgt von The Next Generation. Und plötzlich war die Serie wieder im Bewusstsein – und noch plötzlicher auch noch verdammt gut. Wie konnte das sein? Es gab nur eine Sache, die massiv störte: die unfassbar schlechte, emotionslose und an den Charakteren vorbeigesprochene Synchronisation. Wer Voyager einmal auf Englisch gesehen hat, möchte Kate Mulgrews strenge Froschstimme nicht mehr missen. Es dauerte ein paar Wochen, dann hieß es: komplette Serie auf DVD bestellen, denn als Journalist ist man selten um 18 Uhr vor dem heimischen Fernseher. Gesagt, getan, folgen- und staffelweise alles reingezogen, natürlich auf Englisch – und neu verliebt.

Warum? Weil Kate Mulgrew eine Kathryn Janeway gibt, die alle vorher gezeigten Starfleet-Kapitäne in den Schatten stellt. Weil keiner frecher, aufmüpfiger, dreister, arroganter, familiärer, verletzlicher, privater und doch einsamer war als sie. Weil die Schreiber um Jeri Taylor einen großartigen Charakter geschaffen haben, mit dem selbst ein Jean-Luc Picard nur manchmal mithalten kann. Sie war vielleicht der am meisten unterschätzte Starfleet-Captain von allen.

Warum? Weil das Konzept großartig ist. Ein Raumschiff mal eben ganz weit weg schicken und die Reise zurück dokumentieren. Endlich neue Außerirdische, neue Feinde, neue Freunde – natürlich die meisten doch humanoid – und neue Abenteuer.

Warum? Weil das Schiff einfach unfassbar elegant durch das All gleitet.

Warum? Weil Robert Picardo es geschafft hat, aus der Figur des Holodoktors eine Ikone zu machen. Weil Tabus gebrochen worden, weil da auf einmal eine Borg an Bord kommt, weil die Oberste Direktive einfach mal keine Rolle spielt – natürlich nur mit Bauchschmerzen und nach langen Gesprächen.

Die Serie hat auch deutliche Schwächen. Die größte ist vielleicht die sechste Staffel. Es gibt fast keine gute Folge, die Autoren müssen hier ein unglaublich schlechtes Jahr gehabt haben. Der Weggang von Jeri Taylor ist hier am heftigsten zu spüren. Die Charaktere verhungern am langen Arm, dürfen sich nicht entwickeln, die Planet-Of-The-Week-Geschichten sind vorhersehbar und langweilig. So langweilig, dass bei manchen Folgen nur noch die Vorspultaste hilft.

Dann wiederum gibt es Folgen, die jeder, der auch nur ein bisschen Star Trek mag, gesehen haben MUSS. Hier die Guck-Empfehlungen, mit dem Hinweis, dass „Der Zeitzeuge“, „Skorpion“ und „Ein Jahr Hölle“ zu den besten Star-Trek-Episoden überhaupt gehören und die vierte Staffel qualitativ ohnehin herausragt.

1. Staffel: Der Fürsorger I und II, der Pilotfilm, Die Raumverzerrung, Die 37’er.

Hier “Die Raumverzerrung” in der 30-Sekunden-Version:

2. Staffel: Todessehnsucht, Die Verdopplung, Tuvix.

Hier Janeway beim Einleiten der Selbstzerstörungssequenz in “Die Verdopplung”:

 

3. Staffel: Vor dem Ende der Zukunft I und II, Makrokosmos, Skorpion I.

Kate Mulgrew als Alien-Jägerin Ripley in “Makrokosmos”:

 

4. Staffel: Skorpion II, Verwerfliche Experimente, Ein Jahr Hölle I und II, Flaschenpost, Jäger, Beute, Das Tötungsspiel I und II, Der Zeitzeuge.

Seven of Nine singt ein Liedchen in “Das Tötungsspiel”:

 

5. Staffel: Nacht, In Fleisch und Blut, Temporale Paradoxie, Chaoticas Braut, Endstation – Vergessenheit, Zeitschiff Relativity, Equinox I.

Ausschnitt aus der Doppelfolge “Equinox”:

 

6. Staffel: Equinox II, Das Pfadfinder-Projekt, Es geschah in einem Augenblick, Unimatrix Zero I.

Hier fehlt nur der Teil vor dem Vorspann – ansonsten ist das die komplette Folge “Es geschah in einem Augenblick”, eine der besten Star-Trek-Folgen, die jemals gemacht worden sind.

 

7. Staffel: Unimatrix Zero II, Körper und Seele, Zersplittert, Arbeiterschaft I und II, Q2, Der Renaissancemensch.

Zu guter Letzt die zweite Folge des sehenswerten Zweiteilers “Arbeiterschaft”:

Ein Gedanke zu „Auf Reisen mit der Voyager

  1. Also mir gefällt Voyager auch, an die Next Generation, Deep Space Nine und Babylon 5 kommt sie für mich aber nicht heran.
    Mit hat besonders die 1. Staffel gefallen. Dass ein Sternenflotten-Schiff auf einmal abgeschnitten vom Rest der Föderation ums Überleben und welche Schwierigkeiten die 2 verschiedenen Crews zu bewältigen hatten, hat die Serie von allen anderen abgehoben.
    Das 20. Jubiläum hat sich in jedem Fall eine große Würdigung verdient:
    http://kritisch-konstruktiv.over-blog.de/article-20-jahr-jubilaum-fur-star-trek-voyager-125379713.html
    Und ich finde es toll, dass es auch im deutschsprachigen Raum etliche Menschen gibt, die das tun!

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