Affenstark: “Planet der Affen: New Kingdom” ist ein sehenswertes Drama
300 Jahre ist es her, dass Schimpanse Caesar mit anderen intelligenten Affen eine eigene Zivilisation aufgebaut und gegen die Angriffe der Menschen verteidigt hat. Diese haben wegen des Virus, das ihnen die Intelligenz geraubt hat, inzwischen den Status wilder Tiere. Der junge Schimpanse Noa (Owen Teague) gehört dem Adler-Stamm an, der in einer Art Symbiose mit den Greifvögeln lebt. Auf sein vergleichbar beschauliches Leben fällt eines Tages ein dunkler Schatten, als aggressive Affen eines anderen Stammes in das Gebiet eindringen. Sie sind auf der Jagd nach der jungen Menschenfrau Nova (Freya Allan), die sich von den anderen Menschen unterscheidet. Als seine Familie bei diesem Überfall entführt wird, macht sich Noa auf in ein Abenteuer, das nicht nur seine Geschichte entscheidend beeinflussen wird.
Sieben Jahre liegen zwischen “Planet der Affen: Survival”, dem Abschluss der gefeierten Reboot-Trilogie um Caesar (Andy Serkis), und “Planet der Affen: New Kingdom”, wie der “deutsche” Titel des neuen Films lautet. Eigentlich war kaum damit zu rechnen, dass die drei Affen-Reboot-Filme, die vor mehr als einem Jahrzehnt die legendäre Reihe aus den 60er und 70er Jahren aufgegriffen haben, einen Nachfolger bekommen. Und mit Wes Ball auf dem Regiestuhl zudem eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen wird – der Mann hat bislang lediglich die “Maze Runner”-Verfilmungen inszeniert.
Um es kurz zu machen: Die Reise zum neuen Königreich schließt nahtlos an die populäre Trilogie an, glücklicherweise auch in Sachen Qualität. Mehr noch: Was die Spezialeffekte angeht, spielt “Kingdom of the Planet of the Apes” (so der Originaltitel) sogar in einer eigenen Liga. Derart perfekt wurden Lebewesen noch nie als CGI umgesetzt. Es ist faszinierend, selbst kleinste Emotionen in der Mimik der animalischen Protagonisten zu erkennen. Auch die Atmosphäre entspricht jener der Vorgänger: Man sollte kein Action-Gewitter erwarten, sondern ein eher ein schweres Drama, das sich Zeit lässt für seine Geschichte und nur gelegentlich von (absolut packend inszenierten) Kampfszenen aufgelockert wird.
Die Story wird weitergedreht, wirft allerdings manche Frage auf. Bleibt zu hoffen, dass wir auch die Antworten bekommen – die vergleichsweise niedrigen Produktionskosten dürften zumindest schnell wieder eingespielt werden. Dann erfahren wir, wie es weitergeht, ob wir weiterhin Noas Abenteuer verfolgen und ob sich vermeintliche Logiklücken als bewusste Hinweise auf mögliche Fortsetzungen herausstellen. Die Liebe zum Detail an anderen Stellen spricht sehr dafür.
Besonders interessant: Die bekannte Metapher vom Affen als Symbol für unterdrückte Minderheiten wird nicht überreizt, sondern bekommt sogar neue Facetten. Und Noa ist kein klassischer Held, sondern ein Charakter mit Schwächen und Ängsten, der sich zunächst deutlich vom wehrhaften und edelmütigen Caesar unterscheidet. Die Besetzung – darunter William H. Macy als ein weiterer Mensch und Kevin Durand als Antagonist – ist auch ohne große Namen erstklassig. Und auf einige der Handlungswendungen ist man wirklich nicht vorbereitet. Die große Stärke von “New Kingdom” ist allerdings, wie glaubhaft der Film uns in eine Welt entführt, die bekannt und fremdartig zugleich erscheint.
Das Kinojahr 2024 erweist sich in der ersten Halbzeit als überraschend gut. Bleibt zu hoffen, dass das auch genug potentielle Kartenkäufer erkennen.