50 Jahre und kein bisschen leise: “Star Trek Beyond”
“Einheit ist nicht eure Stärke – sie ist eure Schwäche.” Bösewicht Krall (Idris Elba) ist sicher, Recht zu behalten, schließlich kämpft jeder für sich selbst, und wer sich um andere sorgt, macht sich angreifbar. Doch Captain Kirks (Chris Pine) Antwort ist eindeutig: “Du unterschätzt die Menschheit.” (Wobei damit natürlich nicht nur die Erdbewohner gemeint sind, sondern die Föderation.)
Willkommen zurück im “neuen” Star-Trek-Universum, in der Kelvin-Zeitlinie, so die offizielle Bezeichnung. Was J.J. Abrams vor mittlerweile sieben Jahren allen Skeptikern zum Trotz erfolgreich und mit Sorgfalt auf die Reise geschickt hat, ist längst der Star Trek der Neuzeit: ein etabliertes Franchise, ein zurecht gelobter Cast, dazu die beliebten Anspielungen auf die klassischen Storys und zumindest reichlich Hirnschmalz, wo es für die philosophischen Ansätze der Original-Abenteuer nicht reicht.
Zum dritten Mal bekommen es Kirk und seine Crew mit einem despotischen Gegner zu tun, wieder einmal ist die Enterprise in Gefahr und einmal mehr untermalen die Beastie Boys das Geschehen… Diesen Eindruck vermittelten jedenfalls die überraschend farblosen Trailer. Und nicht wenige Fans waren bereits vorab enttäuscht: So feiern die Produzenten den 50. Geburtstag von Roddenberrys Baby? Ist da sonst gar nichts mehr?
Unsinn – da ist sogar viel mehr. “Star Trek Beyond” ist ein lautes, buntes und unterhaltsames Spektakel, dazu extrem clever und wartet vor allem im letzten Drittel mit überraschenden Wendungen auf, die all das erklären, was an den Trailern – und teilweise an den Vorgängern – zu kritisieren war. Kleines Beispiel: Endlich ergibt es einen Sinn, dass im 23. Jahrhundert die Songs einer HipHop-Truppe der 1980er und 90er zu hören sind…
Während “Star Trek Into Darkness” mit opulenten Bildern begeisterte, aber letztlich die Geschichte von “Star Trek” (2009) aufwärmte, bewegt sich das neue Abenteuer nicht nur geografisch deutlich weiter. Statt wie in den beiden ersten Filmen des Reboots die Struktur der Föderation und der Sternenflotte in Frage zu stellen, geht es diesmal um Grundlegenderes. Der Disput zwischen Kirk und seinem neuen Feind bringt es auf den Punkt: Die Enterprise ist letztlich nicht das Schiff, sondern seine Mannschaft. Und mit der – daran lassen die gewohnt aufwändigen Actionszenen keinen Zweifel – sollte man sich lieber nicht anlegen.
Auf sich allein gestellt und während einer relativ spontanen Rettungsmission geraten Kirk und Co. diesmal an einen mysteriösen Schurken, der ganze Raumschiffbesatzungen entführt und von der Lebensenergie seiner Opfer zehrt. Unterstützung erfahren sie von der agilen Amazone Jaylah (Sofia Boutella aus “Kingsman”), die dem dämonischen Krall entkommen konnte. Anders als gewohnt sehen sich die Sternenflotten-Offiziere diesmal gezwungen, gehörig zu improvisieren, um sich selbst am Leben zu erhalten und dem Bösewicht Einhalt zu gebieten.
Mit dem Rücken zu Wand dreht die Crew jedoch erst richtig auf. Oder wie Spock (Zachary Quinto) es ausdrückt: “Wir finden Hoffnung im Unmöglichen.” Einheit ist eben doch eine Stärke.
Die große Stärke des neuen Films ist neben der ungewöhnlich mutigen Kamera und den bereits erwähnten Pluspunkten, dass er nicht nur Hirn hat, sondern auch Herz. Das verdanken wir vermutlich dem Drehbuch von “Scotty” Simon Pegg. Der Mann ist einfach einer von uns, ein Nerd nämlich, und er weiß verdammt gut, was er tut.
Warum die dritte Reise der runderneuerten Crew für den Verfasser dieser Zeilen zwar einer der besten Star-Trek-Filme, aber trotzdem nur der zweitbeste “neue” Film nach “Into Darkness” ist? Darüber musste er nach dem Kinobesuch selbst erstmal nachdenken, ehe es ihm ein- und auffiel: Der erzählte Konflikt ist eigentlich nur ein Rudiment, wenig originell und sehr, sehr klassisch. Dadurch hat selbst ein Epos wie dieses einen kleinen Nachgeschmack, der an eine überlange Serienfolge erinnert.
Trotzdem: “Star Trek Beyond” ist ein würdiges Geburtstagsgeschenk, äußerst unterhaltsam und felsenfest in der altehrwürdigen Tradition eines halben Jahrhunderts verankert. Und ja (soviel sei verraten) – es wird auch jener gedacht, die wir zwischenzeitlich verloren haben. Beiden.
Macht neun von zehn herumschwebenden Splittern für eine souveräne Fortsetzung, die Hoffnung für die Zukunft macht.
Ein Gedanke zu „50 Jahre und kein bisschen leise: “Star Trek Beyond”“
Kommentare sind geschlossen.