Nur zu Beginn eine Träne
Die X-Akten sind zurück. Endlich! Nach 7,5 langen Jahren. Und den zweiten Film könnte man ja durchaus auch einfach aus der Liste streichen. Demnach sind es also fast 14 Jahre. In den vergangenen zwei Wochen war es sehr schwierig, nicht versehentlich in irgendwelche Spoiler zu geraten. Die Fox-Promo-Maschinerie war in vollem Gange. Wer sich dem Thema vor lauter Vorfreude auch nur etwas annahm, bekam alles an Trailern und Teasern zu sehen, was die Fernsehproduktion so hergibt. Zusätzlich dazu: ein 20-minütiges Special zur Rückkehr der X-Akten. Außerdem überall im Netz: Reviews zur ersten Folge “My Struggle”. Fast alle durch die Bank weg schlecht. Auch diese nicht zu lesen, war schwierig.
Und gestern Abend war es dann soweit. Endlich wieder The X-Files. Als der Vorspann begann, waren sicherlich viele Augen kurz mal feucht geworden. Was mit einer Träne im Knopfloch begann, wurde dann allerdings recht schnell eine ziemlich trockene Angelegenheit. Zu viel Verschwörungstheorie, zu viel Off-Ton von Mulder, zu viele Erklärungen und zu viele Bilder aus Roswell. Irgendwie war nicht ganz klar, wo das hinführen sollte. Chris Carter, Erfinder und derjenige, der die Episode geschrieben hat, wohl ebenso nicht.
Da taucht der schnittige Talkshow-Moderator O’Malley auf, der behauptet, an Verschwörungstheorien zu glauben. Es wird die steile These aufgestellt, dass gar nicht die Außerirdischen Experimente an Menschen durchführen, sondern dass die Menschen die bei Roswell und sonst so abgestürzten Aliens genutzt haben, um dann wiederum Experimente an Menschen durchzuführen. Klang genau das aber nicht auch schon mal in der Original-Serie an? Wo ist der neue Ansatz? Als dann 30 Minuten später klar war, dass der schnittige Moderator offenbar nur Blödsinn von sich gegeben hat, war diese Theorie auch schon wieder hinüber. Nun stellte sich doch relativ schnell die Frage, wieso ausgerechnet dieser Moderator die Macht hat, Scully und Mulder wieder zusammenzubringen. Wieso Skinner das als so wichtig erachtet hat? Er war schließlich nur ein Dummschwätzer, mehr nicht. Davon gibt es dieser Tage ja sehr viele. Und dass Scully am Ende außerirdische DNA findet und beschließt, dem nachzugehen, entspricht ebenfalls nicht ihrem Charakter. Die skeptische Dana Scully, die schon im zweiten Film mit den X-Akten eigentlich nichts mehr zu tun haben wollte, wehrt sich auch hier fast die komplette Folge tapfer dagegen, wieder in dieses Thema gezogen zu werden, hält Mulder sogar eine deftige Standpauke darüber, dass er wieder einmal heftig übertreibt und sich in etwas reinziehen lässt. Dann lässt sie ihn wie einen kleinen Schuljungen stehen. Man sieht, dass sie so weit weg will davon, wie es nur geht – spätestens in der Szene, als sie mit O’Malley in dessen Limousine sitzt und Champagner schlürft, wird das deutlich. Der depressive Fox Mulder, der sein Haus nie verlässt und die Tage wirwissennichtwomit verbringt, geschweige denn von welchem Geld er lebt.
Es bleiben viele Fragen offen: Wieso erachtet es Assistant Director Skinner als so wichtig, die X-Akten wieder zu öffnen? Wieso ist diese vermeintliche Verschwörungstheorie auf einmal wieder so wichtig, dass man sich darum kümmern muss? Wie ist Scullys Gesinnungswechsel zu erklären? Was ist denn jetzt die eigentliche Verschwörung? Hat William doch außerirdische DNA? Und Scully? Wussten sie das nicht schon immer? Wieso bricht diese Wunde nach 14 Jahren wieder auf? Wer ist eigentlich O’Malley und was ist seine Aufgabe?
Chris Carter bleibt die Antworten noch schuldig. Die Macher bleiben uns ebenso einen Plot, dem man folgen kann, eine Geschichte, die irgendwie spannend ist, und eine Verschwörungstheorie, der man unbedingt folgen will, schuldig. Vieles wirkt zu konstruiert. Als gäbe es tatsächlich gar keinen Grund, der es nötig macht, die X-Akten wieder zu öffnen. Und so ist es vielleicht auch. Es gibt wahrscheinlich keinen. Es gab genauso wenig einen, sie zu schließen. Am Ende ist das aber egal. Es darf gerne jeder Grund der Welt sein, die Arbeit an den X-Akten wiederzubeleben. Denn eigentlich geht es am Ende ja doch nur um Mulder und Scully. Und selbst das kann Chris Carter nicht kaputtschreiben. Mit hohen Erwartungen dürfen wir uns jetzt auf die Folgen freuen, die Darin Morgan, Glen Morgan und James Wong geschrieben haben. Sie sind immerhin verantwortlich für einige der besten Folgen dieser Serie überhaupt.
Und so steht nach dem mauen Anfang fest: Es kann nur besser werden. Das ist die zweite gute Nachricht bei diesem Reboot. Die erste? Fox Mulder und Dana Scully sind zurück!
2 Gedanken zu „Nur zu Beginn eine Träne“
Unterschreib ich genau so. Den “Pippi in den Augen” hatte ich auch nur beim Vorspann. Duchovny und Anderson scheitern irgendwie heldenhaft an den sperrigen Dialogen und ungelenken Emotionen. Im Prinzip überwiegt bei mir aber nachwievor die Freude. Auch, weil es sich doch sehr klassisch anfühlte. Weniger ein Reboot, mehr eine direkte Weiterführung. Großen Anteil daran hat aber auch der Soundtrack von Mark Snow. Zum Glück geht’s morgen/heute schon gleich weiter und die Mythologie bekommt ohnehin kein Mensch mehr gerettet/eingefangen.
Kommentare sind geschlossen.