Klein, aber fein – eine Liebeserklärung an das Oberstadtkino
Marburger Filmkunsttheater – das ist die offizielle Bezeichnung, und sie klingt genau so schön wie das Kino ist, das sich dahinter verbirgt. Für uns war es einfach das “Oberstadtkino”. Und ist es bis heute.
Ein Familienbetrieb ist es, mehr noch als das große Kino der kleinen Stadt, das Cineplex mit seiner (inzwischen) Außenstelle, dem Capitol. Seit 1965 kümmert sich Hubert Hetsch darum, dass an der Lahn die kleinen, aber feinen Filme nicht vergessen werden – die nur auf den ersten Blick unscheinbaren Meisterwerke, für die man den Aufstieg in die Oberstadt gerne in Kauf nimmt. Inhaber ist der Filmvorführer – wie er sich selbst nennt – “erst” seit 30 Jahren. Und völlig zurecht wurde das Programm des Kubrick-Freundes bereits mehrfach ausgezeichnet.
Allein die altmodischen Schaukästen am Gebäude und die… nun ja – klassische Inneneinrichtung wären einen eigenen Blog-Beitrag wert. Lassen wir es aber zunächst dabei bewenden, dass beides einfach großartig ist.
Mich persönlich verbinden vier Erinnerungen mit dem Oberstadtkino – drei davon gut, eine weniger. (Meine beruflichen Erfahrungen mit dem Filmkunsttheater und seinem Inhaber lasse ich dabei mal bewusst außen vor.)
1991: So sehr ich mich auch bemühe – ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, worum genau es in “Highway 61” geht. Ich weiß nur noch, dass mich dieses Roadmovie bestens unterhalten hat, obwohl oder vermutlich gerade weil der Film mit meinen damaligen Sehgewohnheiten brach. Und dass Jello Biafra von den Dead Kennedys einen schnauzbärtigen Grenzbeamten spielt.
1992: Insgesamt dreimal habe ich ein Kino während der Vorführung verlassen. “Jagd auf Roter Oktober” bleibt für mich einer der langweiligsten Filme aller Zeiten. “Kap der Angst” konnte ich nicht zu Ende schauen, weil meine Mitfahrgelegenheit drohte, ohne mich zu starten. Und “Twin Peaks – der Film” führte mir einmal mehr vor Augen, dass mir aus dem großen Werk von David Lynch nur seine erste Fernsehserie gefällt. Diese war auch der Grund, weshalb ich mir den zugehörigen Film angucken wollte. Allerdings bin ich vermutlich schlicht zu blöd, um das Genie des Meisters zu erkennen oder gar zu würdigen – ich kapierte überhaupt nichts und marschierte nach der Hälfte aus dem kleinen Kinosaal.
1995: Mit “Living In Oblivion” lernte ich den fantastischen Steve Buscemi kennen, mit “The Last Supper” den ähnlich fantastischen Ron Perlman. Beide Filme erinnerten mich daran, dass es abseits aufwendig produzierter Hollywood-Epen auch die schwarzhumorige, groteske Seite der Traumfabrik gibt. Oder anders: Ich werde nie ein Fan von “Fahrraddiebe” – aber auch mich passionierten Anhänger von Fiktion und Fantasie kriegt man ab und zu mit leisen Tönen.
Allein dafür, liebes Oberstadtkino, herzlichen Dank!