Abschied ist ein leuchtendes Schwert: “Der Aufstieg Skywalkers” schließt das Märchenbuch
Nach der schweren Niederlage im Krieg gegen die Erste Ordnung sammelt der Widerstand seine letzten Kräfte. Die Rebellen sind kaum mehr als ein bunt zusammengewürfelter Haufen, der verzweifelt versucht, die straff organisierten Nachfolger des Imperiums in Schach zu halten. Überall in der Galaxis herrschen wieder Unterdrückung und Verzweiflung. Die wichtigsten Kämpfer in der Schlacht der hellen gegen die dunkle Seite verfolgen derweil ihre eigenen Wege: Während Rey (Daisy Ridley) sich von Leia (Carrie Fisher) zur Jedi ausbilden lässt und versucht, die düsteren Visionen ihrer Kindheit zu ignorieren, folgt Kylo Ren (Adam Driver) einem Ruf aus der Vergangenheit, der ihm unbegrenzte Macht verspricht. Diese will er erlangen – aber anders, als der Rufer es sich ausmalt. Was beide nicht ahnen: Ihre Wege führen sie auf verschlungenen Pfaden zusammen. Und zur alles entscheidenden Auseinandersetzung um die Zukunft aller Welten.
Hattet ihr schon mal eine Träne im Augenwinkel angesichts eines alten Raumschiffs in einem Science-Fiction-Film? Falls nicht, versteht ihr auch nicht, was die “Star Wars”-Saga für ihre Anhänger bedeutet. Den Verfasser dieser Zeilen begleitet sie beispielsweise seit glücklichen Kindheitstagen vor 41 Jahren, als er in der Sandkiste mit seiner R2-D2-Figur spielte. Und diese Legende soll nun ihr (vorläufiges) Ende nehmen, denn “Der Aufstieg Skywalkers” setzt nach Angaben der Produzenten einen Schlusspunkt unter die Story, die George Lucas sich vor mehr als vier Jahrzehnten ausgedacht hat. Und auf die die strapazierte Formulierung “hat Filmgeschichte geschrieben” passt wie eine Wookiee-Faust aufs Auge.
Ist es J.J. Abrams gelungen, einen runden Abschluss auf die Leinwand zu bekommen? Schließt sich der Kreis? Ohne Zweifel, wenngleich er sich in den zwei Stunden und 22 Minuten manchmal nicht recht entscheiden kann, ob er nicht lieber ein Ausrufezeichen setzen will. Werden sämtliche Handlungsstränge zu einem stimmigen Ende geführt? Ja und nein. Eine kleine Parallelhandlung wird praktisch gar nicht aufgelöst, das große Ganze jedoch durchaus stringent beendet. Allerdings hat man mitunter den Eindruck, Abrams habe sich all die Fan-Theorien der vergangenen Monate etwas zu genau durchgelesen und daher letztlich ein, zwei Auflösungen auf brennende Fragen aus dem Hut gezaubert, um doch noch ein paar Überraschungen bieten zu können. Dabei führt er sogar einige der mutigen Entscheidungen des Vorgängers “Die letzten Jedi” ad absurdum, was schon ein bisschen schade ist. Weiß der Film gut zu unterhalten? Absolut und ohne jeden Zweifel. Es gibt die klassische Schnitzeljagd ebenso wie die epische Weltraumschlacht, praktisch alle Charaktere haben ihre großen Momente, und mehr als einmal wird es sehr emotional. (Ganz am Ende hat irgendwo im Kinosaal ein unsichtbarer Jedi eifrig Zwiebeln geschnitten.) Und selbstverständlich gibt es reichlich Schauwerte, dazu den einen oder anderen Cameo-Auftritt und mehr als ein Augenzwinkern. Da verzeiht man gern, dass einige der Spezialeffekte erstaunlicherweise nicht ganz dem modernsten Standard entsprechen und etwas weniger Fan-Service an einigen Stellen ganz gut getan hätte.
“Star Wars” war schon immer etwas für das Herz, nicht für den Kopf. Es geht um große Gefühle, um Liebe und Hass, Gut und Böse, die zwei Seiten der Medaille, die sich durch unser aller Leben ziehen. Wer da trotzdem an den wenigen Logikproblemen rumkrittelt, der sei daran erinnert: “Es war einmal vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis…” Das hier ist ein Märchen. Das größte Märchen aller Zeiten.