Unbesiegbar: “Avengers: Infinity War” wirft riesige Schatten
Thanos kommt. Der übermächtige Despot aus dem All nähert sich nach blutigen Schlachten und grausamen Massakern auf anderen Welten der Erde. Bedrohlich, gnadenlos und unaufhaltsam. Das Ziel des wahnsinnigen Titanen (Josh Brolin) ist der Besitz der so genannten Infinity-Steine, die nahezu unbegrenzte Macht verleihen. Mit ihrer Hilfe will er die Bevölkerung der gesamten Galaxis um die Hälfte reduzieren – was natürlich ungezählte Tode zur Folge hätte. Die Avengers und ihre Freunde stellen sich ihm in den Weg, sind jedoch nicht in der allerbesten Verfassung: Nach den Ereignissen in “Civil War” ist das Team gespalten, persönliche Krisen und interne Fehden zehren an den Helden. Und so ziehen Tony Stark alias Iron Man (Robert Downey jr.), Steve Rogers (Chris Evans), der einstige Captain America, der heimatlose Thor (Chris Hemsworth), aber auch Doctor Strange (Benedict Cumberbatch), Spider-Man (Tom Holland), Black Panther (Chadwick Boseman) und die Guardians Of The Galaxy in mehreren Gruppen in die Schlacht, die ihre letzte sein könnte.
Wow. Ich bin selten sprachlos, aber dieser Film hat das geschafft. Die schiere Wucht der Bilder, die Intensität der zahllosen Actionszenen, aber auch die unterschiedlichen Emotionen und die konsequent umgesetzte Geschichte haben mich in den Kinosessel gedrückt – mehr als zwei Stunden lang. Ein ganzes Jahrzehnt hat Marvel an seinem filmhistorisch einmaligen Mammutprojekt gearbeitet, hat das Marvel Cinematic Universe (MCU) langsam und Schritt für Schritt ausgebaut, um endlich alles in diesem Monster von einem Monumentalfilm zu einem gigantischen Epos zusammenzuführen. Und das ist nur der erste von zwei Teilen!
Aber der Reihe nach (und wie immer ohne Spoiler): Man kann nicht oft genug betonen, dass dies ein Marathon ist, kein Sprint. Anders als sämtliche Konkurrenten, die deshalb gnadenlos gescheitert sind, haben die Produzenten der Marvel Studios um Kevin Feige sich Zeit gelassen. Legenden entstehen nicht über Nacht. Und nun, zehn Jahre nach dem ersten “Iron Man”-Film, können sie auf ein buntes Portfolio etablierter Charaktere zurückgreifen. Die Geschichte, die sich in “Avengers: Infinity War” zu einem Höhepunkt aufbäumt, begann damit, dass Nick Fury (Samuel L. Jackson) damals Tony Stark wissen ließ, dass dieser nicht der einzige Superheld sei: “Ich bin hier, um mit Ihnen über die Avengers-Initiative zu reden.” In der Folge haben die Fans hundertfach mit ihren Helden gefiebert und gelacht und gelitten. Wir haben die tragische Geschichte um Bruce Banner und sein verhasstes Alter Ego erlebt. Wir waren dabei, als aus einer bunt zusammengewürfelten Truppe so etwas wie eine Familie wurde. Wir wurden Zeuge davon, wie der schüchterne Peter Parker sich in einen Helden verwandelt hat. Und wir mussten mitansehen, wie die Freundschaft von Steve und Tony zerbrach.
Kurz: Die Erwartungshaltung war nicht eben niedrig. Doch Feige und seine Leute wissen, was die weltweite Anhängerschaft erwartet – und versprochen, Freunde, ihr werdet nicht enttäuscht! Zum ersten Mal treffen sämtliche Protagonisten des hauseigenen Marvel-Universums aufeinander. (Mit Ausnahmen: Mit einem Auftritt der Fernseh-Figuren wie den “Agents Of S.H.I.E.L.D.” oder den “Defenders” hatte niemand gerechnet, aber auch zwei Kino-Charaktere werden vorläufig nicht gezeigt.) Das kracht erwartungsgemäß ordentlich und sehenswert, es beweist aber auch, dass es eben nicht genügt, ein paar Muskelmänner und Models in bunte Kostüme zu stecken. Hier spielen preisgekrönte Schauspieler mit oder zumindest solche, die an der Rolle ihres Lebens gewachsen sind. Zwischen atemloser Spannung und knackiger Action ist nämlich auch Zeit für Ruhepausen, in denen große Gefühle beschworen werden – und das funktioniert einwandfrei.
Wer wirklich jede Feinheit mitbekommen, jede Anspielung verstehen und jede Szene in ihrer Bedeutung erfassen will, sollte tatsächlich sämtliche 18 Vorgängerfilme gesehen (und in die TV-Serien zumindest mal reingeschaut) haben. Natürlich hat auch der durchschnittliche Kinogänger seinen Spaß an den Schauwerten und der packenden Handlung. Aber Marvel dreht sein Konstrukt konsequent weiter, dessen sollte man sich bewusst sein.
Natürlich ist das alles episch und beeindruckend, klar haben alle unsere Lieblinge ihre eigenen, ganz besonderen Momente, und fast selbstverständlich bricht “Infinity War” sämtliche Rekorde, was Bewertungen und Einspielergebnisse angeht. Es gibt jedoch auch Gründe dafür, dass manche Szenen vom Kinopublikum mit Schweigen quittiert werden. Dieser Titan von einem Film ist unbesiegbar, und er wirft riesige Schatten voraus – von etwas, das sich jetzt noch nicht erfassen lässt. Das mit dem Begriff Twist zu beschreiben, wird der Sache fast nicht gerecht.
Der Blockbuster des Jahres. Der bislang wichtigste Film des MCU. Ein Meisterwerk. Und eine Folter für alle, die nun ein Jahr auf die Fortsetzung warten müssen. Excelsior!