Hoffentlich hört er morgen damit auf: “Pastewka” will zuviel

Hoffentlich hört er morgen damit auf: “Pastewka” will zuviel

Bastian Pastewka (Bastian Pastewka) ist unzufrieden. Seine Rolle als Klischee-Schwuler in “Frier”, der Erfolgsserie seiner Kollegin Annette Frier (Annette Frier), ist für ihn eine einzige Qual. Sein Halbbruder Hagen (Matthias Matschke) und Erzfeindin Svenja Bruck (Bettina Lamprecht) heiraten und erwarten Nachwuchs. Und nur Nichte Kim (Cristina do Rego) hält zu ihm. Also schmeißt er die Brocken hin. Nach einem Streit mit seiner Freundin Anne (Sonsee Neu) verlässt er sie, zieht in das Wohnmobil, das ihm während der Dreharbeiten zur Verfügung gestellt wurde, und fortan mit selbigem durch die Lande. Wobei er streng genommen lediglich bis zu einem Parkplatz kommt. Basti in der Midlife-Crisis. Da helfen nur die Klassiker: sich nackig machen, wann immer es geht, und eine Affäre mit einer attraktiven Supermarktkassiererin (Pegah Ferydoni).

Ich bin war Fan. Von Pastewka, aber vor allem von “Pastewka”. Hier spielt der Mann tatsächlich die Rolle seines Lebens, das hat Schwung und Seele, ist voller Anspielungen und Metaebenen, extrem clever und vor allem saulustig. Ich habe vermutlich keine deutsche Fernsehserie so häufig gesehen, ich kann ganze Folgen mitsprechen, ich konnte das lange angekündigte Comeback kaum erwarten. Zumal die Produzenten bei Amazon Video sicher mehr Möglichkeiten haben als bei Sat.1. Herrlich.

Selten wurde ich so enttäuscht.

“Ich will langfristig von der Comedy weg”, sagt Pastewka in “Das Fitness-Studio”, der sechsten Folge der zweiten Staffel. Dass das nicht nur für sein Alter Ego gilt, sondern tatsächlich auch im realen Leben, war dem Schaffen des Komikers durchaus anzumerken. Nicht zuletzt der Mehrteiler “Morgen hör ich auf” war keine Comedy, sondern pures Drama, und sogar sehr sehenswert, wenngleich etwas zerfasert. Der Mann kann was. Natürlich tut er das.

Ein kurzer Hinweis auf Facebook ließ mich ein wenig stutzig werden: Staffel 8 der nach ihm benannten Serie werde keine Sitcom, kündigte Pastewka an. Trotzdem blieb ich optimistisch: Die werden schon nichts ändern, das derart gut läuft und von so vielen Zuschauern sehnsüchtig erwartet wird. Außerdem lebt “Pastewka”, die Serie, nicht nur von Pastewka, dem genialen Komiker, sondern durchaus auch von Wiederholung, von running gags, von wiederkehrenden Elementen. Da weiß man, was man hat: der rote Saab. “Natürlich!” Die saufende Regine. “Sooo!” Bratkartoffeln für Papa Volker (Dietrich Hollinderbäumer). “Du Dödel!”

Das ist vorbei.

Ähnlich wie Episode 8 für “Star Wars” stellt Staffel 8 für “Pastewka” eine Zäsur dar, einen Weg, Altes abzuschütteln und Neues zu versuchen. Mit einem Unterschied: “Die letzten Jedi” ist großartig. #Pastewka8 (so der Hashtag auf Twitter) ist leider grottenschlecht.

Aber der Reihe nach: Sämtliche Charaktere benehmen sich komplett anders als in den ersten sieben Staffeln. Entweder wirken sie wie Karikaturen der früheren Figuren – wie beispielsweise Annette und Michael Kessler, die nur noch böse und gemein sind und an Bond-Finsterlinge erinnern. Oder sie sind völlig out of character – wie etwa Kim, die in einer Neufassung der Burger-Szene aus der allerersten Folge “Der Unfall” zu Bastians einziger Verbündeter mutiert. Außerdem werden Elemente derart unbeholfen aus dem Hut gezaubert, dass man die Drehbuchautoren gerne zum Praktikum bei Axel Stein (Episode 7, Staffel 2) schicken würde. Ein Beispiel dafür: Hagen hat heimlich Sperma eingelagert, was Svenjas Schwangerschaft ermöglicht. Sowas lässt man sich vielleicht bei GZSZ gefallen…

Allen voran Bastian benimmt sich derart untypisch, dass es wirkt, als hätten wir es mit einer zufälligen Namensgleichheit zu tun. Statt das Missverständnis mit Anne aufzuklären, trennt er sich und macht sich auf in eine Art Abenteuer. Er flirtet gekonnt mit einer Kassiererin und schläft mit ihr in seinem früheren Kinderzimmer. Er durchbricht mit einem geklauten Wohnmobil einen Metallzaun. Kurz: Wer sind diese Leute? Warum heißen sie wie die Figuren aus “Pastewka” und werden von den gleichen Darstellern gespielt?

Die Handlung ist zudem kein bisschen lustig, sondern im Gegenteil eher brutal auf Drama angelegt. Wenn Bastian sich nicht gerade auszieht, lebt er stumpf in den Tag, verwahrlost zusehends, hat Begegnungen mit ähnlich gescheiterten Existenzen. Auch sein viel zu später Versuch, Anne zurückzugewinnen, hat nichts von der linkisch-sympathischen Verzweiflung in vergleichbaren Situationen (Episode 5, Staffel 4 oder Episode 10, Staffel 5). Bonjour, Tristesse!

Allem ist anzumerken, dass vor und hinter der Kamera durchaus große Ambitionen umgesetzt werden sollten. Allein: Das ist gescheitert. Weil es einfach nicht funktioniert. Das hier ist nicht mehr mein “Pastewka”, es ist nicht mehr der Pastewka. Und das ist verdammt schade.

So bleibt nur die Hoffnung, dass Basti in Staffel 9 aus der Dusche kommt (auf Nacktszenen steht er ja inzwischen) und alles nur ein Traum war. Oder dass Staffel 8 im Spiegeluniversum spielt wie “Star Trek: Discovery”. Oder dass es sich um die Fortsetzung von “Die Ohrfeige” (Episode 8, Staffel 7) handelt und einfach ein gescheitertes Experiment ist.

Nachtrag: Wie geht der nette und lustige Herr Pastewka eigentlich mit Kritik um? Etwa so:

 

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